|
Zwiefalten,
27.05.2004
Als
Geronimo sah, dass es nach Zwiefalten steil bergauf ging, blieb
er stehen. Also „diskutierte“ ich mal wieder mit ihm. Das heißt,
dass ich einfach auch stehen bleibe und so tue, als ob mir
das egal wäre. Dann lenke ich ihn erst nach links, als
ob wir umkehren würden und ist er erst mal in Bewegung,
kann ich ihn wieder nach rechts drücken und es geht weiter.
Nützt das nicht, muss ich ihn leicht mit der Gerte berühren.
Meistens hilft es schon, wenn ich energisch „Vorwärts!“ sage
und nur mit der Gerte wedele. Dann ergibt sich mein braves
Maultier seinem Schicksal und folgt mir mit leidendem Blick.
Wir schleppten uns also beide den Berg hinauf und waren sicher
kein schöner Anblick für die vorbeirasenden Autofahrer.
Umso mehr
wurden wir für unsere Mühen belohnt: Geronimo wälzte
sich gleich auf der saftig grünen Weide und ich machte
mich über die köstlichen Erzeugnisse des Hofes her:
Ziegenkäse und saure Ziegenmilch. Anette Bürkle ist
die Hüterin und Pflegerin der Ziegenherde und stellt die
Produkte in der Hofkäserei aus Rohmilch selbst her. Neben
dem Käse ist das Fleisch der jungen Ziegenkitze eine Delikatesse.
Gourmets schätzen das zarte, magere Fleisch – vom Loretto-Hof
ist es sogar in Bio-Qualität zu haben. Bernhard und Inge
Stockmayer verwirklichten in ihrem Ruhestand einen Traum: etwas
Sinnvolles zu tun und anderen Menschen eine Perspektive zu
geben. Mit ihrem Einzug auf dem Loretto-Hof erreichten sie
beides: In den beiden ökologischen Betrieben haben Anette
Bürkle und der Bäcker Günther Weber mit seiner
Familie ein Auskommen. Der Duft von frisch gebackenem Brot
und Nusszopf liegt von Zeit zu Zeit über dem Anwesen und
macht ziemlich hungrig. Das soll auch den Besuchern auf dem
Loretto-Hof so ergehen, denn der Hofladen und die Gartenwirtschaft
sind von Freitag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr oder nach telefonischer
Absprache geöffnet. Beides befindet sich in der Loretto-Kapelle,
die dem Hof seinen Namen gab. Sie wurde 1671 erbaut und von
der Hofgemeinschaft sorgfältig restauriert. Ihre ungewöhnliche
Form soll an das Wohnhaus von Josef und Maria erinnern und
es gibt davon weitere im süddeutschen Raum. Sitzt man
auf der sonnigen Terrasse, dann hat man einen bezaubernden
Blick auf die oberschwäbischen Hügel und öfters
auch auf die Alpen. Dann wünscht man sich, ebenfalls hier
leben zu dürfen. Aber die Menschen hier arbeiten sehr
hart: Anette steht morgens vor vier Uhr auf, macht zwar eine
Mittagspause, geht aber erst nach 22 Uhr ins Bett. Die Milchverarbeitung
diktiert diese Arbeitszeiten. Auch die Nächte von Günther
sind kurz, wenn er den Holzofen schürt und bäckt.
Aber beide tun die Arbeit, die sie als sinnvoll ansehen und
stecken noch voll Idealismus. Ohne diese Lebenseinstellung
wäre diese Arbeit nicht möglich. Bernhard fuhr mit
mir noch zu seinem Freund Woldemar Mammel, der in Lauterach
einen Bioland-Hof mit Pferden bewirtschaftet und Linsen anbaut.
Er engagiert sich gegen die Gentechnik und empfiehlt, den Film „Tote
Ernte“ anzuschauen. Damit es auch noch der letzte kapiert.
|
|
|